Japan-Style bedeutet immer Tatami mit Futon und für die ganze Familie immer ein Zimmer.

In Japan reisen sehr häufig Familien, welche 3 Generationen umfassen, zusammen und es ist selbstverständlich, dass man einen (Schlaf- und Wohn-)Raum teilt. Man ist gewohnt auf engem Raum zu leben und auch über die Generationen hinweg zusammenzuleben. Und da man sowieso alles aus den Nebenzimmern hört, kann man sich ein Zusätzliches also sparen und die Mehrkosten sowieso (sozusagen überall zahlt man den Raum (nach Raumgrösse,d.h. Anzahl Tatamis, nicht Futons) und nicht nach Gästeanzahl). 

Es zeigt aber auch, dass Familie in Japan einen sehr hohen Stellenwert hat und der Zusammenhalt untereinander gepflegt wird, dies heute mindestens so stark wie früher, da die Familien markant geschrumpft sind. 

Die Ausnahmen bilden, wie überall, die Grossstädte, wo die 1-Personen-Haushalte mittlerweile gegen 50% gehen.

Wer noch mehr über die japanische Seele verbunden mit Verkehrsplanung und Stadtentwicklung lesen möchte, dem sei dieser unterhaltsame Artikel empfohlen: Tokyo verkehrt

https://bibliothek.wzb.eu/pdf/1997/ii97-109.pdf

Nicht mehr ganz frisch (aus dem Jahr 1997), aber in Vielem immernoch sehr aktuell.

Museum auf Shikoku, diesmal von einer der wenigen Archtektinnen, die in Japan bekannt sind (Akiko Takahashi).

Sakamoto Ryoma ist so etwas wie Wilhelm Tell für die Schweiz, nur dass er verbrieft gelebt und gewirkt hat.

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Zurück zu den Futons: wir wurden gefragt, wie es sich darauf schlafen lässt. 

Wir können nur sagen: sehr gut! Wir hatten die ganze Zeit noch nie Rückenweh, denn der Tatami ist wie eine gute Matraze (hart, aber etwas ferdernd), die Futons ebenso und nach isolieren gegen die Kälte des Bodens, die (Daunen-)Duvets waren bisher alle samt und sonders luftig und warm. Und das aufstehen vom Boden fällt uns nicht schwer (wir üben das in der Dordogne indem der Compi so platziert ist, dass wir davor auf einem niederen Schemelchen oder auf dem Boden sitzen). Alles eine Frage der Übung ;-)

 

Ebenfalls wurden wir zum Preisniveau der Hotels und Restaurants/Verpflegung gefragt.

Natürlich findet sich für jedes Budget ein Übernachtungsplatz, von Capsule-Hotels bis Super-Highclass-Ryokans etwas (in Tokyo zwischen 1‘800 – 160‘000 Yen pro Nacht, also ca Fr. 12.- bis Fr. 1‘100.- ). Auf dem Land sind die Durchschnittspreise pro Zimmer/ Haus bei ca 7‘000 – 13‘000 Yen, also zwischen Fr. 50.- und Fr. 90.- 

Auch beim Essen gibt es jede Kategorie, im Vergleich zur Schweiz isst man aber deutlich günstiger und Wasser oder Tee wird immer kostenlos dazu serviert. Leider gibt es indessen kein Restaurant, das nach dem Mahl einen Espresso ( Espresso im engeren/italienischen Sinn des Wortes gibt es eh nur im Starbucks, ansonsten ist dies in Japan ein Fremdwort) oder ein Dessert serviert; dazu muss man in spezielle Lokale gehen. Und noch was: man gibt nie Trinkgeld! Dies würde als Demütigung empfunden. Lieber 10 mal tief verbeugen und dabei wiederholen „arigato, arigato dai mas „ ( das ist so etwa das Einzige, was wir auf japanisch können).

 

Shikoku: Insel der Natur, der PilgerInnen und der Vielfalt

Auf Shikoku, eine unserer Lieblingsdestinationen,  sieht man regelmässig Pilger, welche den rund um die Insel führenden Pilgerweg bestreiten. Erkennbar sind sie an einer weissen Kutte, einem Wanderstab und einem Basthut.

Der Pilgerweg, der heute eher eine Pilgerstrasse genannt werden müsste, da über 85% auf asphaltiertem Boden, also der Fahrstrasse entlang, führt, kann mit dem Jakobsweg verglichen werden.

Es ist sehr in Mode gekommen, diese Wanderung zu unternehmen. Sei es in x Etappen, sei es am Stück, sei es mit dem Fahrrad, streckenweise oder ganz mit dem Auto oder wie auch immer. Die Infrastruktur, welche die Pilgerreise zu den 88 zu besuchenden Tempel erfordert, ist in ausreichendem, resp grosszügigem Masse vorhanden. Die Reise ist heute also eher zum Hype verkommen, als dass sie der Meditation dient (keine Regel ohne Ausnahmen). Und dabei gäbe es auf Shikoku in den Bergen so fantastische, einsame Wanderwege durch die Wälder , (seufz – wir müssen ja auch für eine nächste Japanreise noch was vor haben ;-).

Die Herzchen waren diejenigen Orte, wo wir während unserer Reise im 2019 übernachtet haben, die gelben Sternchen diejenigen der diesjährigen Reise.

Bei den grünen Fahnen haben wir noch Treffen in den nächsten Tagen.

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Vom Süden Shikokus aus sind wir für zwei Nächte in die Berge (Onsen und so, da sahen wir auch Affen; es gibt also doch noch ein paar freie Tiere in Japan). Dieses Hotel konnten wir nur Dank Louise buchen, denn per Internet, wenn alles nur japanisch geschrieben ist, da kommt selbst der google-Translater ins schwitzen ;-), also mit anderen Worten: das klappt wirklich. Telefonieren, da fern der grossen Städte, niemand englisch spricht, geht schon gar nicht.

 

Anschliessend via Shikokus Nordküste sind wir in mehreren Etappen in Richtung Tokyo zurück gereist.

Auf der Hauptinsel Honshu haben wir die Megapolis Osaka, Kobe, Nara, Kyoto (heute ein riesiger Ballungsraum, mit Hochäusern aufgefüllt), durchfahren (ohne zu stoppen) und in einem kleinen Ort halt gemacht. 

Da er sich nicht weit dieses riesigen, dichtbevölkerten Siedlungsraums befindet und an einem See liegt, dient er den JapanerInnen als Ferienort. Und da die JapanerInnen kaum Ferien nehmen, sondern höchstens die monatlichen Frei-, bezw. Feiertage beziehen (pro Monat gibt es einen Feier- , rep. freien Tag), hatten wir kein Problem auch hier ein Häuschen für eine Nacht zu mieten.

Zufälligerweise fiel dieses Übernachtung gerade auf das Datum des herbstlichen Lichtfests des Ortes. 

Das war ein ganz sympathisches, kleines Dorffest mit Essenständen, Verkaufsbunden, kleinen Livekonzerten und abends überall Lampions, bezw. Lichter.

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Und bevor uns Louise wieder verlassen musste sind wir im Hinterland des Fuji-san in ein Temple-stay.

Da seit Coronavirus etliche davon geschlossen sind, bezw keine Kurzaufenthalte mehr anbieten, konnten wir dasjenige, welches wir auf unserer letzten Japanreise im Norden Kyotos, besucht hatten,  ich mehr buchen. Kakurinbo erwies sich aber, als die noch bessere Adresse, da es wirklich in einem Tempel ist und über ein Onsen verfügt.

Die Zimmer logischweise Japan-Style, Meditation in den frühen Morgenstunden sind fakultativ (wir haben es bevorzugt zu schlafen).

Das Abendessen und das Frühstück sind köstlich!

 

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VegetarierInnen haben es schwer 

Die Tempel sind eigentlich der einzige Ort, wo man vegetarisch essen kann oder zumindest annehmen kann, dass es vegetarisch ist (häufig wird die klare Suppe mit Fischen aufgekocht).

Überall sonst ist das Reisen in Japan als VegetarierIn sehr schwierig.

Sagt man Vegetarisch, kann es durchaus sein, dass Hühnerfleisch oder Fisch serviert wird ;-)

 

Essen ohne Fleisch aber mit Fisch und/oder Meeresfrüchte, das geht. In Japan, umgeben vom Meer, isst man überdurchschnittlich viel Fisch, welcher in der Regel roh serviert wird. Dies gilt auch für Meeresfrüchte wie Muscheln, Crevetten und Langousten. 

Es gibt auch viele Restaurants, welche Ramensuppen oder Soba(=Buchweizen)- oder Udon(=dicke Nudeln)gerichte servieren. Aber Achtung: Bei diesen Gerichten ist die die klare Brühe fast immer mit Fleisch, selten mit Fisch, nie aber rein pflanzlich hergestellt.

Auch die Reisgerichte sind immer mit Fischpaste, wenn nicht mit ganzen Fischen angereichert.

Beim Reisen können sich VegetarierInnen also, abgesehen von der handvoll Templestay, die es im ganzen Land gibt, eigentlich nur durch selber kochen ernähren. Oder dann via Konbinis mit Salat und gummigen Brötchen (Brot mit knuspriger Kruste gibt es im ganzen Land sozusagen nirgends) ihren Hunger stillen.

Foto: Spiessli der besonderen Art am Lichtfest (Fischli; das war sehr beliebt! Die Schlange beim Anstehen war mehrere Meter lang ;-)

und beim Tischgrill 😋

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Die Polizei, dein Freund und Helfer

Und damit wir auch eine Geschichte über die Polizei in Japan erzählen können ;-)

Beim Hinbringen von Louise zum Bahnhof von Shizuoka liessen wir das Mietauto während ca 10 Min. im Ein- und Ausladeparking vor dem Bahnhof stehen. (Dieter hatte ein ungutes Gefühl dabei, aber links und rechts machten es andere Autos auch so).

Beim Zurückkommen war bereits ein Bussenzettel auf die Windschutzscheibe geklebt. 

Schnurstracks sind wir zum nebenan stehenden Polizeiposten gegangen, in der Hoffnung dies entweder rückgängig oder klären zu können.  Die diensthabenden Polizisten sprachen sehr nett, aber ausschliesslich auf japanisch auf uns ein. Immerhin verstand ich aus den Gesten, dass ich beim Auto bleiben solle, damit wir nicht noch eine Busse erhalten und Dieter als Fahrer müsse den administrativen Kram erledigen.

Mittlerweile befassten sich schon 3 Polizisten mit dem Fall und nach wenigen Momenten hatten sie, die wohl die einzige englisch sprechende Polizistin im Revier, auf den Posten beordert, also waren dann 4 Personen mit dem Prozedere betraut. 

Nach einer guten Stunde, verbunden mit Telefonaten an den Autovermieter und an Louise zur Klärung von diesem und jenem, des Kopierens des Passes, des Führerausweises aus der Schweiz und der (zwingend notwendigen) Übersetzung, konnte Dieter dann den Betrag auf dem nahen Postbüro einbezahlen und die Quittung im Polizeiposten zur Kopie übergeben.

Damit war das Ganze aber noch lange nicht abgeschlossen, denn wir hatten die Vornacht in einer anderen Präfektur also Shikuoka verbracht und würden die Nächste in einer weiteren Präfektur verbringen. 

Also benötigte es am Folgetag nochmals ein paar Telefonate hin und her und Kopien ( Autofahren mit übersetztem Fahrausweis ist nur Ausländern, welche nicht dauerhaft in Japan wohnen, gestattet), und und und, aber zuletzt war nun alles bereinigt und gut. 

Die Polizisten und insbesondere die Polizistin entschuldigten sich zig mal für die Umstände, die wir hatten erdulden müssen. Wir lernten daraus, dass die Verkehrspolizei (welche uns den Bussenzettel angeheftet hatten) nicht zu verwechseln ist mit den PolizistInnen auf den Posten und dass jede Präfektur nicht über die Präfekturgrenzen zuständig ist.

Blick aus dem Hotelzimmer in Ito

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Halbinsel Izu, Feriendestination der Tokyoer

Und noch kurz vor der Rückreise nach Tokyo sind wir auf die Halbinsel Izu ins Städtchen Ito für zwei Nächte gefahren. Hier wurde der Film „Ama-San“  über die (letzten) Taucherinnen gedreht.

 https://der-andere-film.ch/filme/filme/titel/abc/ama-san

Ansonsten ist die Nähe zu Tokyo sehr spürbar: viele Hotels und Ferienhäuser verbauen die Landschaft, im Hotel konnten wir englisch sprechen, wir trafen zwei-drei westliche Reisende.

Foto: auch in Japan gibt es religiöse Sekten und Bewegungen, wo es nicht gross genug sein kann. Vielleicht noch interessant, weil es in den westlichen Medien wenig besprochen wird: die Ermordung von Shinzo Abe wird immernoch sehr besprochen, denn er und etliche seiner Parteikollegen gehörten/gehören einer Sekte an.

Der Wirtschaftminister gab deshalb seinen Rücktritt bekannt.

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Und da wir Japan immer besser verstehen, wie Japan funktioniert, hier noch ein Exkurs:

Immer wieder stossen wir auf Widersprüche, welche wir nicht erklären konnten.

Auf der einen Seite steht die Ästhetik und der Purismus, auf der anderen hässliche Landschaftsverbauungen, Kitsch zum abwinken und Kuddelmuddel; einerseits Perfektion (Shinkasen, Maschinen und Geräte lassen grüssen), andererseits grosses Gebastel; einerseits Hightech (ich liebe die ausgetüftelten Toiletten), andererseits archaische Zustände (Polizei arbeitet noch mit Handzetteln und zig-fachen Kopien, nichts von EDV-Lösungen).

Foto: alles etwas improvisiert, Foto 2: typischer japanischer Garten: Autoabstellplatz und Gemüsebeet

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Nach Recherche und Lektüre werden zwei weitere Prizipien klar:

 

1. Was gerade hilft, wird genommen (der japanische Eklektizismus)

Die Fähigkeit, alle Ansätze, die irgendwie ein gestecktes Ziel erreichen, ein Problem lösen helfen könnten, auch tatsächlich anzuwenden, ist eines der herausragendsten Merkmale Japans.

Japan hat in seiner Geschichte viele Male ohne Hemmungen oder Vorbehalte Dinge von Nah und Fern übernommen, welche ihnen notwendig, nützlich oder hilfreich erschienen und sie dann auf japanische Verhältnisse angepasst, weiterentwickelt und häufig perfektioniert.

Als einige wenige Beispiele dazu mögen die Schrift und die Religion aus China dienen und viel später  die Autoindustrie aus den USA und Europa). 

Nicht also abstrakte Konsistenz, sondern konkrete momentane Nützlichkeit, nicht Ideale und Prinzipien, sondern Zielerreichung waren dabei immer schon die bestimmenden Leitbilder für das Handeln der Japaner.

 

2. "Was gerade kommt, ist da". So könnte man den Fatalismus und ein Hauptmerkmal des Handelns charakterisieren. 

"Shikata ga nai" (da kann man nichts machen) - mit diesen Worten wird auch der größte Missstand von den Japanern meist achselzuckend und stillschweigend zur Kenntnis genommen. Gründe für dieses Verhalten lassen sich auf den verschiedensten Betrachtungsebenen schnell finden. Schon rein "oberflächlich" geographisch scheint den Japanern kaum viel anderes übrig zu bleiben, als die Launen der Natur mit möglichst viel Gleichmut zur Kenntnis zu nehmen. Nirgends sonst auf der Erde leben so viele Menschen auf einem tektonisch so aktiven und gleichzeitig meteorologisch unberechenbaren Gebiet: Erdbeben, Vulkane, Taifune und Überschwemmungen sind dort fast alltägliche Phänomene, denen die Japaner auch bei bestem Schutz und Willen oft hilflos ausgeliefert sind.

 

Ein Grund zum feiern!

Und endlich, nach einer 4-monatigen Bewerbungsdauer, bei welchem Louise auf Herz und Nieren geprüft wurde, verbunden mit vier Interviews (HR, Vorgesetzte, Kollegen, CEO und Teil der Eigentümerfamilie) und einem einstündigen Test und dazwischen langen Wartezeiten, hat Louise eine Festanstellung bei der Zeitung „the Japan Times“ (die einzige fremdsprachige, d.h. englischsprachige) Zeitung in Japan als Editor erhalten. Diese Zeitung ist sehr renommiert und hat ein Agreement mit der „New York Times“, mit welcher sie in Japan in der Printausgabe erscheint.

Sie beginnt den Job am 01. Dezember 2022 und gehört somit zu den wenigen Gajin, die von einer japanischen Firma angestellt wurden (ihre neuen KollegInnen sind aber selbstredend etliche Amerikaner und Engländer, grossmehrheitlich Männer).

 

DieArbeit des Editors ist in etwa mit einem Redaktor zu vergleichen:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Redaktion

 

(In deutschen Redaktionen erledigt ein Redakteur alle Tätigkeiten von der Recherche bis zum druckfertigen Artikel, in den USA und in Großbritannien wird zwischen einem „reporter“ und einem „editor“ unterschieden. Der eine recherchiert und schreibt, der andere layoutet, formuliert um, redigiert und kümmert sich um die Termineinhaltung.Fotografie, Bildbearbeitung, Layout sowie die Abstimmung mit der Druckerei gehören zum Arbeitsalltag des „editor“.)

bis zum nächsten Mal

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